FACHFOREN

FACHKONGRESS Kinder- und Jugendarmut des Landes Nordrhein-Westfalen
Pakt gegen Kinderarmut

Montag, 22. Mai 2023



Portrait

Fachforum 1
Kommunale Gesamtstrategien gegen Kinder- und Jugendarmut entwickeln und koordinieren

Die Kommune muss als Gemeinwesen mobilisiert werden, denn damit lässt sich mehr für Kinder und Jugendliche erreichen, als es die Summe der getrennten Zuständigkeiten der versammelten Akteure vermuten ließe. Kommunale Gesamtstrategien zu entwickeln, ist auch ein kulturelles Projekt, in dem die Chance zur agilen Weiterentwicklung steckt.

Details

Benachteiligende Lebenslagen sind vielfältig verursacht und können daher nur durch passgenau aufeinander abgestimmte Maßnahmen in Zielfeldern wie soziale & kulturelle Teilhabe und Inklusion, Bildungs- und Gesundheitsförderung, materiell-ökonomische Sicherung sowie psychosoziale Unterstützung aussichtsreich verbessert werden. Obwohl sich Benachteiligung in der Kommune „verräumlicht“ und manifestiert, liegen dabei viele Interventionsformen außerhalb der Zuständigkeiten von Kommune als rechtlich-demokratisch verfasster Gebietskörperschaft. Was in deren Handlungsrahmen verbleibt, ist somit im Kern meist „nur“ Armutsfolgenbekämpfung.

Um dennoch vor Ort wirksam zu werden, muss die Kommune als Gemeinwesen mobilisiert werden: „Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen!“. Damit lässt sich – so die programmatische Annahme – in der „Verantwortungsgemeinschaft“ sinnfokussiert mehr erreichen, als es die Summe der getrennten Zuständigkeiten der versammelten Akteure eigentlich vermuten ließe. Die Organisationsform dieser Verantwortungsgemeinschaft ist das Netzwerk, die inhaltliche Ausrichtung des Netzwerks wird als „kommunale Präventionskette“ bezeichnet.

Weit über einhundert NRW-Kommunen mit eigenem Jugendamt haben sich im Rahmen entsprechender Landesprogramme (von „Kein Kind zurücklassen!“ bis zum aktuellen Programm „kinderstark – NRW schafft Chancen“) in den vergangenen Jahren auf den Weg gemacht, solche Netzwerke für gelingendes Aufwachsen („Präventionsketten“) aufzubauen. Die zweimal als wirksam extern evaluierten Landesprogramme wurden dabei in den vergangenen zehn Jahren vom Institut für soziale Arbeit e.V., Münster (ISA) fachbegleitet und mit Jahresbeginn in die Zuständigkeit der beiden Landesjugendämter als Regelinstitutionen übergeleitet. Das ISA skizziert in diesem Fachforum das in der Fachbegleitung zugrunde gelegte Fachkonzept zum Aufbau einer kommunalen Gesamtstrategie für gelingendes Aufwachsen („Qualitätsrahmen Kommunale Gesamtstrategie. Gelingendes Aufwachsen ermöglichen“).

Ziel des Forums ist es, neben der Vermittlung des nötigen Basiswissens vor allem auch ein Gefühl für diese Dimension von Präventionsketten als „kulturellem Projekt“ zu vermitteln, welches auch für kommunale Verwaltung und Trägerorganisationen eine Chance zur agilen Weiterentwicklung bietet, um so besser für die komplexen Probleme des 21. Jahrhunderts gerüstet zu sein. Qualitätsdimensionen wie „Wirkungsorientierung“ und „Adressat:innenbeteiligung“ erscheinen in diesem fachkonzeptionellen Rahmen dann in einem völlig anderen Licht, was auf vielen Handlungsebenen – von der kommunalen Spitze über die Kämmerei und das Fach- und Finanzcontrolling bis hin zur kommunalen Fachplanung (mit Schwerpunkt Jugendhilfe- und Sozialplanung) und der Einrichtungs- und Fachkräfteebene – zu reflektieren ist. Insbesondere zu diesen Schlussfolgerungen aus dem vorgestellten fachkonzeptionellen Rahmen bietet das Forum dann Raum für Diskussion.

Referent:
Dr. Heinz-Jürgen Stolz, Bereichsleiter Prävention im Institut für soziale Arbeit e.V., Münster (ISA e.V.)

Fachforum 2
Der Nationale Aktionsplan

Der Nationale Aktionsplan „Neue Chancen für Kinder in Deutschland“ – gemeinsam für mehr Chancengerechtigkeit und Teilhabe für von Armut und sozialer Ausgrenzung bedrohte Kinder

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Mit dem Nationalen Aktionsplan „Neue Chancen für Kinder in Deutschland“ (NAP) setzt Deutschland die Ratsempfehlung zur Einführung einer Europäischen Garantie für Kinder um, die am 14. Juni 2021 einstimmig von allen Mitgliedstaaten verabschiedet wurde. Ziel des Nationalen Aktionsplans ist es, Kindern und Jugendlichen, die von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht sind, bis zum Jahr 2030 Zugang zu hochwertiger frühkindlicher Bildung, Betreuung und Erziehung, zu schulbezogenen Aktivitäten, einer hochwertigen Gesundheitsversorgung, ausreichender und gesunder Ernährung sowie angemessenem Wohnraum zu gewährleisten.

Dazu soll nach Verabschiedung des NAP im Bundeskabinett unter Leitung der Kinderchancen-Koordinatorin und Parlamentarischen Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ekin Deligöz gemeinsam mit den verantwortlichen Bundesressorts, Bundesländern, Kommunen und der Zivilgesellschaft ein Prozess gestartet werden mit dem Ziel, die soziale Infrastruktur und den Zugang zu sozialen Diensten überall in Deutschland zu verbessern. Für diesen Prozess ist der Austausch mit den Fachkräften vor Ort und die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen essentiell. Im Fachforum wird der NAP-Prozess vorgestellt und diskutiert..

Referierende:
Dr. Ortrud Leßmann, Deutsches Jugendinstitut, Projekt ServiKiD
Hilke Lipowski, Deutsches Jugendinstitut, Projekt ServiKiD

Moderation:
Marco Becker, Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen

Fachforum 3
Die Rolle der Jugendsozialarbeit auf dem Weg aus der Armut

Die AWO-ISS-Langzeitstudie hat junge Menschen bis zum Übergang ins junge Erwachsenenleben begleitet und zeigt wie Armutserfahrungen zu erschwerten Startbedingungen in Ausbildung und Beruf führen können. Jugendsozialarbeit kann gezielt unterstützen und Barrieren verringern. Diskutieren Sie mit anderen Teilnehmenden zur Rolle der Jugendsozialarbeit.

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Die Angebote der Jugendsozialarbeit wenden sich gem. §13 SGB VIII i. V.m. §13 3. AG-KJHG NRW an sozial benachteiligte und/oder individuell beeinträchtigte junge Menschen in der Übergangsphase von der Schule in den Beruf. Durch Einzelberatung, Gruppenangebote oder werkpädagogische Praxis werden Hilfen zur persönlichen Stabilisierung und beruflichen Orientierung gegeben. Die Lebens- und Problemlagen der jungen Menschen (z. B. fehlende Schulabschlüsse, Lernstörungen, Armut) sind sehr heterogen und in der Regel mit erschwerten Startbedingungen in Ausbildung und Beruf als Basis für ein selbstbestimmtes Leben und gesellschaftliche Teilhabe verbunden. In diesem Workshop werden in einem Impulsvortrag zunächst zentrale Ergebnisse der AWO-ISS-Langzeitstudie zur Kinderarmut aufgegriffen, die erstmalig langfristige Folgen früher Armut bis zum Übergang ins junge Erwachsenenalter nachzeichnet und so die Alltagswelten von armutsbetroffenen Jugendlichen in Übergangsphasen sichtbar macht. Welche Rolle kann die Jugendsozialarbeit im Kontext der Bekämpfung von Kinder- und Jugendarmut hier einnehmen? Diese Fragestellung wird in einem anschließenden Fishbowl im Dialog mit Fachkräften der Jugendsozialarbeit diskutiert. Welche Potentiale und Handlungsspielräume haben die verschiedenen Angebote und Einrichtungen der Jugendsozialarbeit, um von Armut betroffene oder gefährdete junge Menschen gezielt zu unterstützen und bestehende Barrieren zu verringern? Die Teilnehmenden sind herzlich dazu eingeladen, sich mit Beiträgen aktiv an der Diskussion zu beteiligen.

Referentin:
Dr. Irina Volf, Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik e.V., Frankfurt

Moderation:
Stefan Ewers, (LAG Jugendsozialarbeit NRW),
Muna Hischma, (LAG Jugendsozialarbeit NRW),
Michelle Magaletta, (LVR-LJA),
Ferahs Hafez, (LWL-LJA)

Fachforum 4
UWE – Stadt- und Schulentwicklung mit Kindern und Jugendlichen

„Wie geht es Dir?“ - UWE fragt nach dem Wohlbefinden von Kindern und Jugendlichen in Schulen mit dem Ziel eines Monitorings der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen als Grundlage einer integrierenden, chancengerechten Stadtentwicklung

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UWE steht für Umwelt, Wohlbefinden und Entwicklung und startet mit einer stadtweiten Befragung von Schüler:innen. UWE fragt Kinder, wie es ihnen geht – in Schule, Familie, mit Freunden und am Wohnort – und nimmt sie als Expert:innen für ihre Lebenswelt ernst. Die Befragung kann grundsätzlich in allen Schulen einer Stadt in den Jahrgangsstufen vier, sieben und neun stattfinden; Sie ist als Vollerhebung konzipiert und liefert kleinräumige und institutionenscharfe Daten. Dabei werden auch sozialräumliche Unterschiede im Wohlbefinden junger Menschen sichtbar. Lokal Verantwortliche erhalten Informationen über vorhandene Ressourcen und Bedarfe der Kinder und Jugendlichen und damit steuerungsrelevante Kenntnisse zur Bekämpfung von Kinder- und Jugendarmut. Auf Grundlage der Ergebnisse werden gemeinsam mit Kindern, Eltern, Schulen und kommunalen Akteuren in Workshops Handlungsoptionen für die Schul- und Stadtentwicklung abgeleitet und umgesetzt. Dadurch werden Kinder und ihre Eltern gestärkt!

Entwickelt wurde das Instrument von Wissenschaftler:innen des Zentrums für interdisziplinäre Regionalforschung (ZEFIR) und Ruhr-Universität Bochum und zuerst in Herne und Bottrop eingesetzt. Der Verein Familiengerechte Kommune führt den UWE-Prozess aktuell mit den Städten Gladbeck und Geldern durch.

Im Rahmen des Fachforums werden das Konzept, wichtige Ergebnisse zu Wohlbefinden und Entwicklung und Erfahrungen in der kommunalen Umsetzung am Beispiel der Stadt Herne vorgestellt und mit den Teilnehmenden diskutiert.

Expert:innen:
Dr. Jasmin Schwanenberg, Leiterin des Bildungsbüros der Stadt Herne,
Isabel Schwandt, Projektleitung UWE, Familiengerechte Kommune e.V.,
Prof. Dr. Sören Petermann, stellv. geschäftsführender Leiter ZEFIR an der Ruhr Universität Bochum,
Till Stefes, wiss. Mitarbeiter, Zefir an der Ruhr Universität Bochum

Fachforum 5
"Monitoring ist Diagnose, die Therapie machen andere."
Mehrwert und Grenzen von regionalen und sozialräumlichen Monitoringsystemen

Regionales und kommunale Monitoringsystem eröffnen unterschiedliche Perspektiven, können aber einen Beitrag zur Entwicklung von Strategien gegen Kinderarmut leisten. Sie sind unerlässlich, um wissensbasiert zu Handeln.

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Daten zu erheben, zusammenzuführen und zu analysieren ist unabdingbar, um wissensbasiert handeln zu können. Durch Monitoring werden Verwaltungsmitarbeitende und Kommunalpolitik befähigt, datenbasierte Entscheidungen zu treffen. Monitoring erlaubt Zeitverläufe und Entwicklung wahrzunehmen, Lebenslagen und Lebensbedingungen in den Sozialräumen einer Region oder einer Kommune umfassend zu analysieren sowie benachteiligte Sozialräume und Bedarfe zu erkennen.

Am Beispiel des Bildungsberichts Ruhr wird gezeigt, wie ein regionales Monitoring Kommunikation und Kooperation in einer Region befördern kann. Der Bildungsbericht Ruhr ist ein Kommunen übergreifender Bildungsbericht, der regelmäßig die gesamte Bildungskette in der größten Bildungsregion Deutschlands in den Blick nimmt und dabei nicht nur den Binnenvergleich der Region im Blick hat, sondern die Region auch im landes- bzw. bundesweiten Kontext betrachtet. In Art und Umfang in der Bildungsbericht Ruhr bundesweit einzigartig.

Ein gut aufgesetztes Monitoring erlaubt aber auch einen differenzierten Blick in einen Sozialraum, der als Grundlage für passgenaue und bedarfsorientierte Angebotsentwicklung dienen kann. Die Stadt Gelsenkirchen hat gemeinsam mit dem ressortübergreifenden Arbeitskreis Sozialraum ein gesamtstädtisches, integriertes Monitoringsystem mit Indikatorenkatalog und Partizipationsindex entwickelt. Dieses wird in den Berichten „Gesellschaftlichen Teilhabechancen von Gelsenkirchener Kindern“ veröffentlicht.

Die Teilnehmer*innen des Forums erwartet die Vorstellung dieser zwei unterschiedlichen, sich aber dennoch ergänzender Monitoringperspektiven, nämlich der regionalen sowie der kommunalen (und sozialräumlichen) Perspektive. Die Impulse werden die Mehrwerte und Grenzen der verschiedenen Ansätze sowie ihr Potenzial für Strategien gegen Kinderarmut aufzeigen.

Referierende:
Silvia Bader, Sozialplanerin, Stadt Gelsenkirchen,
Dr. Markus Küpker, Bildungsinitiative RuhrFutur, Leiter Handlungsfeld Daten und Analyse

Moderation:
Sabine Meißner, Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen

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Fachforum 6
Haltung zeigen! Teilhabe von Kindern und Jugendlichen durch armutssensibles Handeln im pädagogischen Alltag unterstützen

Unbedachte Fragen oder Äußerungen können Verunsicherung bei Kindern und Jugendlichen auslösen, die eigene Armutserfahrungen haben. Wie kann das verhindert werden? Was ist armutssensibles Handeln und was zeichnet eine armutssensible Haltung aus?

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Soziale Ungleichheit ist Realität in unserer Gesellschaft und beeinflusst die Entwicklungs- und Bildungschancen von Kindern und Jugendlichen. Für viele Kinder sind die finanzielle Armut und damit einhergehende Einschränkungen keine kurze Episode in ihrem Leben, sondern ein anhaltender Normal- und Dauerzustand, der ihren Lebensalltag prägt. Pädagogische Fachkräfte müssen sich deshalb fragen, wie sie den Auswirkungen von Armut und der damit einhergehenden gesellschaftlichen Ausgrenzung begegnen können? Welche Verunsicherungen, Kränkungen oder gar Ängste verursachen unbedachte Fragen und Gesprächsangebote? bei der Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und ihren Familien aus? Diese und weitere Fragen wird der Workshop aufgreifen.

Dazu wird es einen Impulsvortrag mit Fallbespielen geben, der die Teilnehmenden zum Austausch einlädt. Zudem werden zwei kurze Blitzlichter aus der Praxis vorstellt: Anna Pugell, Einzelfallberaterin in der „Zentralen Anlaufstelle Frühe Hilfen“ in der Duisburger Fußgängerzone, und Ina Reyer, Mitarbeiterin des Amtes für Kinder, Jugend und Schule und in dieser Funktion Streetworkerin in Mülheim an der Ruhr, zeigen, welchen Unterschied armutssensibles Handeln in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen machen kann.

Referierende:
Corinna Spanke, Fachberaterin in der LVR-Koordinationsstelle Kinderarmut,
Alexander Mavroudis, Leiter der LVR-Koordinationsstelle Kinderarmut

Portrait

Fachforum 7
Segregation in Städten – Die kinderfreundliche Stadt

Raum ist ein eigener Faktor der Benachteiligung, wenn viel Verkehr, wenig Freiflächen und dichte Bebauung zusammenkommen. Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf das freie und unbeaufsichtigte Spiel. Können alle Kinder dieses Recht gleichermaßen wahrnehmen?

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Die Freiburger Kinderstudie belegte 1993 erstmals in Deutschland: „Es gibt kaum einen Faktor, der den Alltag und die Entwicklung von Kindern mehr beeinflusst, als die räumliche Gestaltung des Wohnumfeldes und die damit verbundenen Möglichkeiten zum freien Spiel“.

Familien mit geringen Einkommen können nicht frei wählen, wo sie wohnen möchten. Sie gehen dorthin, wo die Mieten niedrig sind. Diese finden sich eher in Stadtteilen mit hoher Bebauungsdichte, viel Verkehr und wenig Freiflächen und damit einhergehend, wenig Möglichkeiten zum freien Spiel. In diesem Forum werden die Zusammenhänge zwischen dem guten Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen und der Gestaltung des städtischen Raums dargestellt.

Es wird gezeigt, dass Kommunen viele Gestaltungsmöglichkeiten etwa im Wohnumfeld von Kindern und Jugendlichen haben und wie diese genutzt werden können. Zudem wird gefragt, mit welchen Formaten und Methoden junge Menschen an Planungsprozessen beteiligt werden können und welche Kooperationen z.B. von Stadtplanung und Street Work, Bildungseinrichtungen oder Jugendsozialarbeit dafür notwendig sind.

Referenten:
Prof. Dr. Peter Höfflin, Professur für Soziologie und empirische Sozialforschung, Evangelische Hochschule Ludwigsburg,
Dr. Peter Apel, Planungsbüro STADTKINDER, Dortmund

Moderation:
Luise Jäger, Geschäftsstelle Städtenetz Soziale Stadt NRW

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Fachforum 8
Soziale Ungleichheit in der Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen – das Präventionsdilemma

Sozioökonomisch benachteiligte Kinder und Jugendliche haben einen höheren Bedarf an Gesundheitsförderung, nutzen die Angebote aber seltener als sozioökonomisch besser gestellte Altersgenossen. In diesem Fachforum wird der Frage nachgegangen, wie in Kommunen dem Präventionsdilemma begegnet werden kann.

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Die neuen Morbiditäten der Kindergesundheit sind sozial ungleich verteilt. Damit haben sozioökonomisch benachteiligte Kinder einen größeren Bedarf an Prävention und Gesundheitsförderung. Gleichwohl nutzen sie entsprechende Angebote seltener als ihre sozioökonomisch besser gestellten Altersgenossen. Dieses Phänomen wurde durch den Begriff des Präventionsdilemmas geprägt. Eine systematische Analyse zur Entstehung des Präventionsdilemmas und eine Ableitung von Chancen für die Prävention ist bisher nur unzureichend erfolgt. Das Fachforum zeigt Gelingensfaktoren für die kommunale Prävention für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene systematisch auf. Dazu werden theoretisch-konzeptionelle Aspekte mit Praxisbeispielen im Kontext der Umsetzung der Düsseldorfer Präventionsketten verbunden.

Das Konzept Prävention U27 wurde 2019 auf den Weg gebracht und 2020 von Rat und Jugendhilfeausschuss der Stadt Düsseldorf beschlossen. Es ist die Antwort der Landeshauptstadt Düsseldorf auf den Landesaufruf, kommunale Präventionsketten umzusetzen. Seit Beschluss wurden wichtige Prozesse angestoßen und strukturelle Änderungen in Kraft gesetzt. Oberste Zielsetzung der Umsetzung sind sowohl die Sicherstellung eines flächendeckenden Regelangebotes als auch eine besondere Förderung in Gebieten mit sozialem Handlungsbedarf.

Referierende:
Ursula Kraus, Stadt Düsseldorf, Jugendhilfeplanung Schwerpunkt Gesundheit und Teilhabe,
PD Dr. Simone Weyers, MME Medizinsoziologin am Universitätsklinikum Düsseldorf/Heinrich-Heine-Universität Forschungsschwerpunkt: Gesundheitliche Ungleichheiten bei Kindern und die kommunale Prävention

Moderation:
Marco Cabreira da Benta, Referent Landeskoordinierungsstelle Frühe Hilfen im Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen

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Fachforum 9
Junge Familien frühzeitig erreichen – Das Potential der Schwangerschafts(konflikt)-beratungsstellen in NRW

Schwangerschafts(konflikt)beratungsstellen können für Familien und Frauen viel mehr tun, als der Name vermuten lässt. Sie können konkrete finanzielle Unterstützung organisieren, in weitere Angebote lotsen, Netzwerke zur Verfügung stellen und empowern.

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Schwangerschafts(konflikt)beratungsstellen leisten Beratung und Unterstützung in Existenzfragen von Frauen und Familien in der Familienplanungs- und -gründungsphase. Außerdem bieten sie Frauen auch sehr niedrigschwellig konkrete finanzielle Unterstützung an durch die Vergabe von Mitteln aus Hilfefonds, wie z.B. der Bundesstiftung-Mutter-Kind oder anderen Hilfefonds.

Aufgrund dieser Leistungen erreicht das Beratungsangebot nahezu alle schwangeren Frauen und Familien, die von Armut bedroht oder betroffen sind, bereits sehr früh. Wie können wir diese ersten Kontakte nutzen, um Betroffenen weitere Unterstützungsangebote zu machen? Welche Unterstützung gibt es und welche wären wünschenswert, damit von Armut bedrohte Familien die existenzbedrohende Lebenssituation verändern können und gesellschaftliche Teilhabe sowie gesunde Entwicklung für die Familie gegeben ist? Welche Netzwerkpartner:innen sollten die Zusammenarbeit professionalisieren und wie könnte diese Zusammenarbeit gestaltet werden?

Nicht alle Menschen lassen sich gut weiter lotsen. Viele bleiben dort, wo sie einmal Vertrauen gewonnen haben. Was bedeutet das für unser versäultes Sozialsystem? Wie könnten die unterschiedlichen Einrichtungen Fall übergreifend arbeiten? Es gilt in zwei Richtungen zu blicken: Was braucht es für Angebote und welche Wege zum Empowerment gibt es?

In diesem Forum sollen diese und weitere Fragen aufgegriffen werden. Mitarbeiterinnen von Beratungsstellen werden zudem die Arbeit an konkreten Beispielen sehr anschaulich darstellen.

Referentin:
Astrid Linnemann, Geschäftsführerin des Landesverbandes donum vitae NRW e.V.

Moderation:
Dr. David Juncke, Vize-Direktor, Prognos AG

Fachforum 10
Migrations- und Armutssensibilität zusammendenken - Perspektiven für die Integrations- und Bildungsarbeit im Einwanderungsland NRW

Einige Bevölkerungsgruppen sind überdurchschnittlich oft von Armut bedroht. So auch Familien mit Einwanderungsgeschichte. Die Gründe dafür liegen ursächlich nicht in der Migration der Familien, sondern sind sehr vielschichtig. Eine intersektionale Betrachtungsweise ist hier fachlich geboten, um vorurteilsbewusste Bildung und Erziehung zu stärken.

Details

Entscheidend für Teilhabe, Chancengerechtigkeit bezogen auf die Entwicklung und Bildung von Kindern und Jugendlichen ist in erster Linie der soziökonomische Status, nicht die Einwanderungs-geschichte.

„Jedes dritte Kind mit Einwanderungsgeschichte ist von Armut bedroht“ (Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2018). Die Gründe dafür liegen ursächlich nicht in der Migration der Familien, sondern sind sehr vielschichtig. Fehlende Bildungsabschlüsse, nicht anerkannte Berufserfahrung, aber auch Diskriminierung auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt sind Faktoren, die einer gleichberechtigten Teilhabe entgegenstehen.

Das Forum möchte den Zusammenhang zwischen Armut/Diskriminierung/Einwanderung fokussieren und Handlungsansätze aufzeigen, wie man dem entgegentritt. Es geht um die Haltung, mit der man Menschen begegnet und um einen Perspektivwechsel. Nicht die Kinder und Familien, die zuwandern, haben die Verantwortung für gutes und erfolgreiches Aufwachsen in NRW, sondern die Professionellen in den Institutionen/Kommunen/Einrichtungen sind gehalten darüber nachzudenken, wie sie die Familien erreichen können und Teilhabe ermöglichen.

Eine intersektionale Betrachtungsweise ist hier zwingend notwendig.

Armut ist für viele Kinder und ihre Familien keine vorrübergehende Episode in ihrem Leben, sondern ein anhaltender Dauerzustand. Die unterschiedlichen sozioökonomischen Verhältnisse, in denen Kinder und Jugendliche aufwachsen, wirken auch in die Bildungseinrichtungen hinein. Migration und Mehrsprachigkeit werden von vielen Fachkräften als zusätzliche Herausforderung im Umgang mit ungleichen Lebensbedingungen und Lebenswelten empfunden.

Das pädagogische Konzept der vorurteilsbewussten Bildung und Erziehung liefert hier gute Ansätze, um Kinder und Jugendliche in ihrer Identität zu stärken, Erfahrungen mit Vielfalt zu ermöglichen, kritisches Nachdenken anzuregen und aktiv zu werden gegen Unrecht und Diskriminierung.

Mit dem Forum soll der Diskurs zu den Schnittstellen zwischen armutssensiblen, migrationssensiblen vorurteilsbewussten Handlungsweisen in der Integration- und Bildungsarbeit eröffnet werden.

Referentin:
Frau Prof. Dr. Donja Amirpur, HS Niederrhein: Studien/Ergebnisse: Modellprojekt Bildungsbanden

Herr Prof. Sebastian Kurtenbach, HS Münster

Kommunale Integrationszentren NRW:
Sabine Leipski, KI Kreis Recklinghausen,
Jessica Greeven, KI Bonn,
Ebru Hilbig, KI Hamm

Moderation:
Miriam Weilbrenner, Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen

Fachforum 11
Familienzentren in Kitas und Grundschulen

In diesem Fachforum wird die Notwendigkeit einer Bildungs- und Erziehungspartnerschaft zwischen Elternhaus und Kita/Schule für Kinder, die in Armutslagen aufwachsen in den Blick genommen und wie Familienzentren die Bildungspartnerschaft unterstützen können.

Details

Die Startlinie von Bildungsprozessen liegt in den Familien der Kinder. Als vielfach belegt gilt, dass kaum etwas den Bildungserfolg so sehr vorherbestimmt wie die familiäre Sozialisation. Mit der Einbindung von Eltern als Partner auf Augenhöhe in die (schulischen) Lernprozesse ihrer Kinder können individuelle Bildungsbiographien auch mit herausfordernden Startvoraussetzungen gelingen. In diesem Fachforum wird die Notwendigkeit einer Bildungspartnerschaft zwischen Elternhaus und Kita/Schule für Kinder, die in Armutslagen aufwachsen in den Blick genommen und wie Familienzentren die Bildungspartnerschaft unterstützen können.

Nach einem einführenden Vortrag von Frau Prof. Dr. Sybille Stöbe-Blossey werden die Leiterin eines langjährigen Familienzentrums in einer Kindertageseinrichtung und die Leiterin einer Grundschule Einblicke in die Arbeit der Familienzentren geben.

Referierende:
Prof. Dr. Sybille Stöbe-Blossey, Leiterin der Forschungsabteilung 'Bildung und Erziehung im Strukturwandel' (BEST) am Institut Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen
Claudia Wetzke, Leiterin des AWO-Familienzentrums Hand-in-Hand in Bottrop
Simone Müller-Dausel, Leiterin der Gemeinschaftsgrundschule Styrum

Moderation:
Markus Dohle, Referent im Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen

Fachforum 12
Armutssensibles Handeln in der Schule

„Jeder junge Mensch hat ohne Rücksicht auf seine wirtschaftliche Lage und Herkunft und sein Geschlecht ein Recht auf schulische Bildung, Erziehung und individuelle Förderung. Dieses Recht wird nach Maßgabe dieses Gesetzes gewährleistet“ – so lautet der erste Satz des Schulgesetzes NRW. Nach wie vor hat jedoch Armut auch Auswirkungen auf den schulischen Alltag und den Bildungserfolg von Kindern und Jugendlichen, schränkt Teilhabemöglichkeiten und Bildungschancen ein.

Details

Der gesetzliche Auftrag der Schule erfordert eine armutssensible Haltung bei allen Beteiligten: Es braucht Lehrkräfte und weiteres pädagogisches Personal mit Verständnis für die Lebenssituation der Kinder und Jugendlichen, die Maßnahmen der individuellen Förderung bereithalten, pragmatisch und ohne zu stigmatisieren Teilhabechancen eröffnen. Es braucht aber ebenso Schulträger und Land, die Schulen durch systemische Unterstützung in die Lage versetzen, niedrigschwellig spezifisch zu fördern.

Das Forum beleuchtet die Herausforderungen im Umgang mit der Armut im schulischen Alltag, aber auch die Anstrengungen auf den unterschiedlichen Ebenen, Benachteiligungen abzubauen und erfolgreiche Bildungsbiografien zu ermöglichen.

Referierende:
Monika Nienaber-Willaredt, Beigeordnete für Schule und Jugend der Stadt Dortmund,
Haris Kondza, Leiter der Regenbogenschule, Städtische Gemeinschaftsgrundschule der Stadt Duisburg,
Denis Jarovic, Koordinator des Landesprogrammes Vast Vasteste – Hand in Hand in NRW,
Tanja Honka, Fachliche Leitung der Landesstelle für Schulpsychologie und Schulpsychologisches Krisenmanagement

Moderation:
Susanne Blasberg-Bense, Abteilungsleiterin im Ministerium für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen